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Ansaat oder Pflanzung?

Hier trennen sich Welten, Dogmen, und gärtnerische gegenüber der naturgärtnerischen Praxis. Vielleicht ist es Ihnen schon aufgefallen. Das wirklich umfangreiche Pflanzenverwendungs-Buch von Reinhard Witt heißt Nachhaltige Pflanzungen und Ansaaten. Wenn man es einmal durcharbeitet, die Kapitel, Beispiele, Bilder und Tabellen anschaut, wird einem bald klar: Eigentlich müsste der Titel genau andersrum lauten, denn der größte Teil des Buches beschäftigt sich nun einmal mit Ansaaten. Ansäen ist eines der Credos von Naturgärtnern. Und weil Ansaaten auch das Hauptprinzip der Pflanzenvermehrung in der Natur sind und wir Naturgärtner möglichst nahe dran sein möchten am Erfolgsprinzip der Evolution, säen wir an: alles und überall.

Ansaaten haben gegenüber Pflanzungen vielfache Vorteile, z.B.:

  • kostengünstig
  • verzögerte Keimrate als Anpassung auf ungünstige Außenbedingungen
  • große Artenvielfalt möglich
  • Hohe Anpassungsfähigkeit durch maximale genetische Variabilität
  • gute Möglichkeit, dynamische Systeme zu starten
  • unglaubliche ästhetische Show-Effekte mit Zauberpflanzen
  • regionale Herkunft
  • Vielfalt der genetischen Ökotypen

Pflanzungen sind natürlich ebenfalls nicht schlecht, z.B. weil:

  • man ästhetische Akzente besser setzen kann
  • sie (bei entsprechender Betreuung = Wässern) zuverlässig ein bestimmtes Bild liefern
  • schneller wachsen und blühen
  • es Arten gibt, bei denen man für eine Ansaat einfach nicht genug Saatgut bekommt (dabei geht schliesslich immer etwas verloren), oder das Saatgut einfach zu teuer ist, um es in großer Menge auszubringen

Der Königsweg liegt für uns dazwischen: Im Prinzip arbeiten wir mit beiden und kombinieren Ansaaten mit Pflanzungen bzw. Anpflanzungen mit Ansaaten in verschiedenster Weise. Eine reine Staudenpflanzung finden Sie nicht in unserem Planungen. Nie. Genauso keine reine Heckenpflanzung, die nur aus Sträuchern besteht.

Naturnahe Staudenpflanzungen mit Ansaaten sind wie alle Lebenssysteme nicht statisch, sondern dynamisch. Veränderung ist das Prinzip des Lebens. Statische Bilder sind im Gesamtorganismus Naturnahes Grün weder sinnvoll noch erstrebenswert oder nur um den Aufwand extrem hoher Pflege zu erhalten. Veränderung ist dabei kein Fehler, sondern eine Riesenchance. Durchs Einbringen von temporären Arten, von Einjährigen, Zweijährigen, Pionierstauden können bewusst über die Ansaaten wunderschöne ästhetische Effekte erzielt werden. Zusätzlich werden über Ansaaten neue attraktive Stauden in die Pflanzungen gebracht, die in dieser Fülle und zu diesem geringen Kosten kaum gepflanzt worden wären. Je nach Zufall (Black-Box), Pflegeintensität, Standort und klimatischem Wandel ändert sich das Staudenbeet bzw. System. Selbst in Blumenwiesenansaaten pflanzen wir zuweilen Initialstauden. Naturnahe = nachhaltige Pflanzungen mit Ansaaten erweisen sich als anpassungsfähiges Erfolgsrezept für die Zukunft gerade und auch in den Zeiten des Klimawandels, der besondere planerische Herausforderungen an gut funktionierende Projekte stellt.

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